03Dezember
2015

Encontro das Aguas

2. Dezember - Mittwoch

Endlich wieder in einem Bett geschlafen, wenn auch in einem billigen 12-Bettzimmer mit nur einem Bad, aber dennoch sehr angenehm. Am nächsten Morgen gehen wir alle zusammen am Hauptplatz von Manaus neben einem gigantisch kitschigen Weihnachtsbaum frühstücken. Mir gehts zwar noch nicht wieder 100% gut, aber nach Verlassen des Schiffes und einem erholsamen Schlaf geht es bergaufwärts. 

Die meisten unserer kleinen Gruppe fahren heute Mittag bereits mit dem Schiff weiter Richtung brasilianische Küste, sodass nur Mato, Tim und ich übrig bleiben. Ich verschenke meine Hängematte an Matt und Clara, da sie nun für die nächste Fahrt auf die teure Privatkabine verzichten und ebenfalls in Hängematten schlafen wollen. Nach 4 Nächten in der Hängematte habe ich sie bereits richtig lieb gewonnen und es fällt mir schwer mich zu trennen, aber ich kann sie ja auch nicht mitschleppen..

Den Tag lassen wir gemütlich angehen und erkunden Manaus. Die Stadt ist bis auf den großen Platz mit der großen Oper und ein paar netten kleinen Lokalen auf dem Hauptplatz eher alt und hässlich. Tim und ich wollen gerne beide eine 3-tägige Dschungeltour inclusive Schlafen in einer Hängematte im Dschungel und Tree climbing machen. Wir gehen in mehrere Reiseagenturen und informieren uns über die möglichen Gebiete und Tourinhalte. Da uns keine Tour angeboten wird, bei der nur im Dschungel geschlafen wird (unter freiem Himmel) und das Tree climbing in einem Gebiet im Norden am besten sein soll, die Dschungeltour jedoch in den Süden geht, entscheiden wir uns für folgendes: Wir buchen eine Individualreise, also nur einen Guide und wir beide für 2 Tage, sodass wir eine Nacht im Dschungel schlafen können und nicht (wie in den Tourangeboten) in einer Dschungel-Lodge. Danach kommen wir nach Manaus zurück und schlafen wieder im Hostel und machen dann eine seperate Tour in den Norden zu Wasserfällen und Tree climbing auf den höchsten Baum mit Blick über den Dschungel. Entschieden und gebucht, morgen früh kann es losgehen!     

Manaus ist eine richtige Partymetropole, damit hätte ich ja gar nicht gerechnet. Beim  Abendessen am großen Plaz ist Livemusik und es  wird viel getanzt, die Stimmung ist aussgelassen und  sehr fröhlich. Die Hitze macht es mir aber unbegreiflich, dass die Einheimischen hier auch noch in langer Kleidung abtanzen, während ich schon beim sitzen und zugucken schwitze..

   

3. Dezember - Donnerstag

Am Hafen von Manaus zeigt sich ein ähnliches Bild, wie am Hafen  Leticias, nur größer und noch lauter. Die Männer sitzen herum und trinken reichlich Bier. 

Mit dem Boot fahren wir zunächst zu einem einmaligen Naturereignis, dem Encontro das Aguas. Hier fließen der größte Fluss der Welt, der Amazonas, und der größte Nebenfluss der Welt, der Rio Negro, "zusammen", denn eigentlich fließen sie gar nicht zusammen,  sondern nebeneinander her.

Der Rio Solimoes (so wird der Amazonasfluss bis hierher genannt) und der Rio Negro fließen  über 11 Kilometer nebeneinander her, ohne dass sich ihre Gewässer vermischen und erst langsam gemeinsam zum Amazonas werden,.. Dass man das "nebeneinander" fließen so schön beobachten kann, liegt an den unterschiedlichen Farben der Flüsse. Der Rio Solimoes ist ein Weißwasserfluss und hat aufgrund des hohen Anteils an mineralischen Schwebstoffen einen hellen bräunlichen Ton. Der Rio Negro ist ein Schwarzwasserfluss, durch den hohen Gehalt an Huminsäuren und Fulvosäuren  ist er pechschwarz. Unser Guide  erklärt uns die unterschiedlichen Eigenschaften der Flüsse. Der Rio Solimoes hat mit 7,5 einen basischen pH-Wert, fließt mit 7,5 km/h und ist immer kälter als 22 Grad.. Der Rio Negro ist mit einem pH-Wert von 3,5 relativ sauer, fließt mit nur 2,5 km/h deutlich langsamer und ist mit Temperaturen um die 28 Grad auch sehr viel wärmer. Aufgrund dieser und noch mehr Eigenschaften vermischen sich die Flüsse vorerst nicht und bieten einen beeindruckenden Anblick.  Wir fahren mit  den Händen von schwarz nach hellbraun und wieder zurück und spüren deutlich die Temperaturunterschiede.

    

Mit dem Boot geht es weiter, dann 1,5  Stunde mit dem Jeep über Stock, Stein, durch tiefen Dschungel und dann weiter mit einem kleinen motorisierten Kanu. Mittlerweile haben wir Manaus sehr weit hinter uns gelassen, die Nebenflüsse des Amazonas sind klein und idyllisch und wir sehen Delfine, Kaimanen, springende Fische und jede Menge außergewönliche Vögel. Die Zivilisation erscheint ein Fremdwort zu werden, hier draußen gibt es nur vereinzelt kleine Holzhütten  und ab und zu ein kleines Kanu mit einem Fischer. 

       

Wir halten bei einer Lodge und essen Mittag. Hier ist auch eine andere Tour mit ein paar Deutschen und Engländern. Selbst mitten im Urwald trifft man noch Deutsche.. Diese Tourgruppe bleibt aber bei der Lodge und wird hier die nächsten Tage schlafen. Für uns heißt es jetzt Abschied nehmen von jeglicher letzter Zivilisation, denn wir fahren mit dem Motor-Kanu und einem kleinen Kanu im Schlepptau weitere 2 Stunden hinein in die Tiefen des  Amazonas und werden dort auch bis zum nächsten Mittag bleiben. Als wir für längere Zeit niemanden mehr gesehen haben und auch keine Hütten mehr zu sehen sind, hält unser Guide an einem ins Wasser gestürrten Baumstamm an. Hier, direkt am Flussufer, werden wir unser Nachtlager aufbauen. 

     

Unser Guide erzählt uns, dass er nie mit seinen Touristen an den gleichen Ort fährt, jede Tour ist anders. Es gibt zwar ein Camp, dass für Touren mit "schlafen unter freiem Himmel" genutzt wird, aber das liegt im Dschungel und ist in der Trockenzeit extrem heiß, da es keinen Windhauch hineinlässt.Er schläft lieber in Flussnähe und da derzeit wenig Moskitos unterwegs sind, ist das auch am schönsten. Und somit habe wir auch die freie Wahl, welcher Baum für unsere Hängematten dienen darf und das schöne Gefühl, abseits jeder ausgetretenen Pfase den Dschungel selbst zu erkunden :) Die Gefahr von Regen ist derzeit zwar sehr gering, der Wasserstand nimmt in der Regenzeit um die 10 bis 15 Meter zu, aber unser Guide Shelton spannt vorsichtshalber eine Plane über unsere ausgewählten Bäume. Da er nicht mal Schnüre oder Stangen dabei hat, sondern alles aus Planzen und Holz direkt aus dem Dschungel anfertigt, dauert das Aufbauen unseres nachtlagers gute 1,5 Stumnden. Es macht aber auch sehr viel Spaß.

  

Nachdem nun unser Nachtlager steht, gehts mit dem Kanu wieder raus und das Fischernetz gelegt, schließlich brauchen wir (ich ja nicht, aber die Männer) was zum Abendessen. Danach machen wir eine Kanufahrt und genießen die Stille, nur das Schippern der Ruder, Vögel und die entfernt in den Bäumen kletternden Affen sind zu hören.

     

Bevor es dunkel wird holt Shelton unseren Fang aus den Netzten; wir haben einen Piranha, zwei kleinere Fische und einen riesigen Fisch, dessen Name ich vergessen habe, das Abendessen ist also gesichert. Wir sitzen auf großen Bananenblättern auf dem Boden, ich schnippel den Salat und die Jungs machen Feuer und grillen den Fisch. Obwohl ich ja keinen Fisch esse finde ich das BBQ toll, es hat etwas so natürliches und auch aufregendes abends mitten im Dschungel soweit abseits der Zivilisation zu sein.

       

Shelton hat eine Minikühltruhe mitgebracht und das Bier darin ist sogar noch etwas kühl, damit macht er uns hier auf dem Boden des Dschungels und den heißen Temperaturen tagsüber eine sehr große Freude :)

Wir ziehen Moskitonetzte über die Hängematten und legen uns hinein. Aus der Ferne hören wir Brüllaffen in atemberaubend lauten Tönen, es wird verdammt schwierig hier inzuschlafen. Es ist schwül und die Geräuschkulisse der Natur ist laut und ungewohnt. Ich liege noch lange wach und genieße das Gefühlweit weg von allem inmitten des Amazonasbeckens zu übernachten...