13Dezember
2015

Die Füße schmerzen, der Schweiß rinnt, doch der Ausblick entschuldigt alles - Wandern im Chiapada Diamantia

9. Dezember - Mittwoch

Es dreht sich noch alles, es ist gerade mal 6 Uhr morgens und wir haben so gut wie nicht geschlafen! Völlig neben der Spur wanken wir aus dem Bett und schultern die Backpacks - auf zum Busterminal! Für das Hotelfrühstück sind wir noch zu früh und Appetit haben wir eh noch nicht. Das gebuchte Taxi kommt leider nicht und wir werden ziemlich nervös. Als es so spät wird, dass das rechtzeitige Erreichen des Busses schon fast unmöglich erscheint, fährt uns ein netter Mitarbeiter des Hotels mit seinem Privatauto in Eiltempo hin und entschuldigt sich immer wieder über das Fernbleiben des Taxis. Er will kein Geld für die Fahrt, zumindest also was gespart und wir bekommen auch gerade noch rechtzeitig unseren Bus nach Lencois..

Der Bus ist super gemütlich, man kann sich weit zurücklegen und es ist mordern und sauber, wir verschlafen fast die gesamten 7 Stunden Fahrt. So langsam werde ich auch wach :) Lencois ist eine kleine Stadt ca. 450km westlich von Salvador mit 10.000 Einwohnern. Berühmt geworden ist dieser süße kleine Ort durch die Diamantenfunde im 18. Jahrhundert. Die Landschaft um Lencois soll traumhaft schön sein,  1985 ist das gesamte Gebiet zum Nationalpark "Chiapada Diamantia" ernannt worden und umfasst eine sagenhafte Größe von 38.000 Quadratkilometern!

Nachdem wir in unserer zentral gelegenen kleinen Pousada eingecheckt haben laufen wir zu den Reisebüros um uns über Ausflüge und Wandertouren zu informieren. Uns werden ausschließlich Tagestouren ab Lencois angeboten: Zu Aussichtspunkten, zu Wasserfällen oder zu Grotten. Das klingt ja schon mal nicht schlecht, aber bei Tagesausflügen werden wir nie tief in den Nationalpark vordringen, sondern mit anderen Touristen im Bus zu den außerhalb des Parks liegenden Attraktionen gebracht. Im Internet hatte ich bereits von mehrtägigen Wandertouren gelesen. Hierbei muss man über die Gebirgskette rüber wandern um in das Tal Vale do Paty zu gelangen und kann dann im Nationalpark bei den wenig übrig gebliebenen lokalen Familien untergebracht werden. Grotten, Wasserfälle, Berge, tolle Ausblicke und dabei ca 7 bis 8 Stunden Wandern am Tag. Nach langem Suchen und Herumfragen stöbern wir eine Reiseagentur auf, die uns einen englisch sprachigen Guide vermittelt, der mit uns wandern geht. Wir haben den Eindruck, dass das wenig nachgefragt wird und der Natinalpark etwas weniger touristisch ist. Die Frau im Büro ist offensichtlich auch schlecht über die Wandertour informiert, anscheinend verkauft sie meist nur die Tagestripps. Und selber war sie auch noch nie dort, daher bitten wir darum unseren Guide vorher kennenzulernen um unsere Fragen klären zu können. 

Nach einem kleinen Spaziergang durch den sehr hübschen kleinen Ort und Abendessen kehren wir zur Reiseagentur zurück und treffen Rafael, er ist für die nächsten 4 Tage unser Guide. Wir besprechen was wir gerne angucken möchten und legen unsere Wanderroute fest und können alle unsere Fragen besprechen. Rafael ist ein sehr netter und gastfreundlicher Brasilaner aus Salvador, der vor 7 Jahren hergezogen ist und gut englisch spricht. Wir freuen uns über unsere Entscheidung für die Wanderung und gegen die Tagestouren und sind sehr gespannt auf die kommenden Tage!!

10. Dezember - Donnerstag

Das Abenteuer geht los - nach einem kurzen Frühstück laufen wir zur Reiseagentur und schließen unsere Backpacks ein - nur unsere Tagesrucksäcke kommen mit auf Wanderung. Für 4 Tage haben wir nicht so viel Gepäck, es ist schließlich auch sehr heiß draußen! Mit Rafael fahren wir 3 Stunden gen Süden entlang des Nationalparks. Der Weg ist meist unasphaltiert und sehr holprig... Mitten in der Walachei am Rande des Gebirges parken wir das Auto - auf gehts, die Wanderung beginnt :)

   
Nach den ersten 20 Minuten bergauf sind wir schon völlig durchgeschwitzt und aus der Puste, das geht ja gut los. Es ist noch Vormittag, aber die Sonne knall erbarmungslos auf uns und wir genießen jedes kleine Fleckchen Schatten beim Aufstieg. Die Weite des Landes und die wunderschönen Ausblicke belohnen jede Mühe des Aufstiegs :)

      

 

Nach 2 Stunden Aufstieg folgt dann ein 1 Stündiger Abstieg hinunter ins Tal, denn dort liegt unsere Unterkunft für die erste Nacht. Der Abstieg gestaltet sich als deutlich schwieriger und auch weit aus anstrengender als der Aufstieg. Es geht über große Steine und Felsen steil bergab, macht aber auch irre viel Spaß. Durch die ungewohnten Bewegungen und die Anspannung fangen bereits meine Beinmuskeln an zu zittern und ich bin froh als wir unten angekommen in einer kleinen Pousada zum Mittagessen einen kurzen Stop einlegen. Es gibt Maracujasaft und Brötchen, aber das ist eh nebensächlich, ich freue mich über die kurze Gelegenheit mich hinzusetzten und meine Beine auszuruhen. Das war bereits ein anstrengender Vormittag! Für eine weitere Stunde geht es über ebenes Gelände und wir sehen die große Weite des Tals.. Am Fluss angelangt haben wir eine unbeschreiblich schöne Natur um uns herum, Wasserfälle und ein abenteurlicher Weg, der Hinauf- und Herunterklettern von Bäumen beinhaltet und ab und zu das Hinaufklettern größerer Felsen, machen den Nachmittag zu einer lustigen Angelegenheit.

       

Beim größten Wasserfall springen wir ins erfrischende (und ars...kalte) Wasser ;) Herrlich nach der Anstrengung des Tages..

    

Wir laufen noch eine knappe Stunde weiter zu unserem Camp, die kleine Pousada liegt idyllisch mitten im Tal und wir können es kaum erwarten zu duschen, zu essen und dann ins Bett zu fallen :)

    

11. Dezember - Freitag

Das kann ja heute was werden, ich wache bereits mit höllischem Muskelkater am ganzen Körper auf, aber ganz besoders schlimm sind die Beine vom langen ungewohnten Abstieg gestern!

Heute erwartet uns das Highlight im Vale do Paty, die Besteigung des Berges "Castello". Insgesamt wandern wir heute 6 Stunden, also 2 weniger als gestern, dafür aber ausschließlich hoch oder runter. Wir waren beide nicht annährend darauf vorbereitet, was uns heute erwartet hat. Das war mehr als jede Wanderung, die wir je gemacht haben. Es ging steil bergauf, teilweise mussten wir klettern und durch Höhlen laufen.. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie sowas anstregendes gemacht!!! Aber nach Stunden des mühsamen Aufstiges und teilweise Angst des Weiterkletterns (bloß nicht runtergucken oder zurück...) ist das Freiheitsgefühl und das Glück einfach überwältigend!!!

         

Die Wanderung verlangt uns wirklich alles ab, nach 6 Stunden kommen wir völlig erschöpft wieder bei unserer Pousada an. Wir schnappen unsere Badesachen und laufen weitere 20 Minuten zum Fluss. Rafael hängt mir seine Hängematte zwischen die Bäume und ich falle hinein, während Stefan sich im Fluss erfrischt. Jetzt ist es Zeit auf diesen unglaublichen Tag anzustoßen und wir öffnen jeder unser Bier und stoßen an :-) Das Abendessen später ist unglaublich, ob die Gastfamilie einfach sehr gut kochen kann oder wir nach dem Tag einfach total ausgehungert sind und es deshalb so gut schmeckt, weiß ich nicht, aber wir genießen es sehr. Zwei deutsche Mädels sind heute Nacht auch hier untergekommen und wir sitzen noch lange abends zusammen und unterhalten uns über die Anstrengungen des Tages und die bezaubernden Ausblicke über das Tal, die wir haben genießen dürfen.

12. Dezember - Samstag

Ich kann mich kaum bewegen, hatte noch nie so schlimmen Muskelkater! Ein Glück können wir dieses Leid teilen, denn Stefan hat auch mega Muskelkater.. :)  Wie gut, dass uns heute nur ein 8 stündiger Wandertag bevorsteht ;) Wir wandern heute zum Cachoeirao, einem Aussichtspunkt, bei dem normalerweise 20 Wasserfälle hinunterfallen. Da es aber seit Monaten nicht geregnet hat ist es sehr ausgetrocknet und nur noch ein Wasserfall ist zu sehen; dennoch ist der Ausblick einmalig schön.
             

Nach dem Mittagessen machen wir eine kleine Rast und Rafael hängt mir wieder seine Hängematte auf, dieses mal über einem ausgetrockneten Flussbett. Der lange Rückweg hinaus aus dem Tal dauert 5 Stunden, wir genießen die Landschaft sehr.. Als wir aus dem Tal hinaus laufen können wir vom Berg den Sonnenuntergang genießen :)
    

Nach 8 Stunden Wanderung ist der Anblick des Autos in der Ferne ein kleiner Glücksmoment. Wir können es kaum erwarten uns hineinzusetzen und im nächsten Ort eine kalte Cola zu trinken ;)

Wir fahren noch knappe 2 Stunden in den Süden des Nationalparks, wo wir in einer hübsch eingerichtten Pousada übernachten. Eine leckere Pizza zum Abendessen rundet den Tag perfekt ab.

13. Dezember - Sonntag

In Anbetracht des schrecklichen Muskelkaters (bin kaum eine Treppenstufe runtergekommen..) bin ich froh, dass wir heute nicht nur wandern, sondern zu der weit entfernt liegenden Grotte mit dem Auto fahren. Die Grotte ist mit ihrem tiefblauen kristallklaren Wasser ein wirkliches Highlight. Das Wasser ist so klar dass man bis auf den Grund sehen kann. Beim ersten Hinsehen haben wir gedacht, dass gar kein Wasser vorhanden ist, so klar ist es...


Nach einer weiteren 2 stündigen Fahrt in den Norden, bereits Richtung Lencois, kommen wir zur Grotte "Poco Azul". Auch diese Grotte hat kristallklares blaues Wasser, aber hier darf geschnorchelt werden! Zwar gibt es strenge Regularien wie viele Menschen gleichzeitig ins Wasser dürfen und wie viele pro Tag, aber wir hatten Glück und es war so leer, dass wir meist nur zu zweit die Höhle erkunden konnten. In eine Grotte hineinzushnorcheln hat schon etwas gruseliges, aber auch etwas wunderschönes!



Dieser Schnorchelausflug in eine Grotte stellt einen hervorragenden Abschluss unseres Chiapada Diamantia Trips dar. Wir fahren zurück nach Lencois und dürfen noch mit zu Rafaels Haus. Hier ruhen wir uns ein bisschen aus und werden mit Obst und Kaffee versorgt. Eine unglaubliche Gastfreundschaft ist das hier in Brasilien! Gege 19 Uhr holen wir unser Gepäck im Reisebüro ab und gehen noch bei einem kleinen süßen Restaurant in einer der Gässchen Abendessen. Stefan wird von einem extrem doll bettelnden Straßenhund mit so großen lieben Kulleraugen angestarrt, dass er sein Essen teilen musss :)

Um 23:30 Uhr sitzen wir im Nachtbus zurück nach Salvador, keine Minute später sind wir bereits beide in Tiefschlaf gefallen.