27November
2015

Trés Fronteras

25. November - Mittwoch

Ich bin aufgeregt, denn jetzt gehts ins Amazonasgebiet! Ich fahre zum Flughafen von Medellin und habe einen 25 Minuten Flug nach Bogota. Der Flieger geht gar nicht richtig hoch und ich habe einen tollen Blick auf die Landschaft unter mir. Wenn ich bedenke, dass der (Tiefkühl-) Bus für diese Strecke ganze 8 bis 9 Stunden gebraucht hätte, ...

   
In Bogota muss ich das Terminal wechseln und fahre mit dem Bus. Kaum ausgestiegen höre ich jemanden hinter mir "Tina, Tina" rufen. Ich bleibe verwundert stehen und drehe mich um. Kaum zu glauben, aber da steht Tobi aus Berlin, mit dem ich am Strand Playa Blanca war.. Er ist eben von Santa Marta gekommen und verbringt zwei letzte Tage in Bogota bevor es zurück nach Berlin geht. Herrlich, ich freue mich ein bekanntest Gesicht zu sehen und finde es sehr amüsant, dass die Welt doch so klein ist ;)

 
Nun muss ich mich schon fast beeilen meinen nächsten Flug zu bekommen, auf gehts nach Leticia! Der Flug dauert 2 Stunden und die meiste Zeit haben wir einen guten Blick auf die endlosen Weiten des Dschungels! Leticia liegt an der südlichsten Spitze Kolumbiens und ist nicht über Straßen erreichbar. 800km Regenwald schneidet Leticia vom restlichen Kolumbien vollständig ab, nur über den Luft- oder Wasserweg ist dieser Ort erreichbar.

  

Leticia liegt im Dreiländereck: Kolumbien im Norden, Peru im Süden und Brasilien im Osten. Die Grenze zu Brasiliens Stadt Tabatinga ist fließend, es gibt hier keine Grenzkontrollen. Mit dem Boot ist die Einreise nach Peru oder Brasilien problemlos möglich, zumindest solange man im Dschungel bleibt ;)

Ich fahre mit einem TukTuk zu meinem Hostel. So herzlich wurde ich noch nie empfangen, das kleine familiengeführte Hostel ist eine extrem gastfreundlich geführte Unterkunft. Ich komme in einem 5-Bettzimmer im ersten Stock unter.

Auf der Terrasse ruhe ich mich erst mal aus und gucke mir die vom Hostel angebotenen Dschungeltouren an. Hier treffe ich auf Matt aus Scottland und Clara aus Schweden. Die beiden reisen zusammen und wollen einen 2-Tagestrip machen mit einer Nacht in einer Dschungel-Lodge. Von den beiden erfahre ich auch, dass am Samstag das nächste Schiff nach Manaus ablegt. Das Schiff braucht 4 Tage und 4 Nächte, also Ankunft am Mittwoch morgen. Das würde mir auch gut passen, mal sehen.

Ich erkunde erst mal Leticia und gehe zur Touristeninformation. Hier spricht dennoch keiner englisch, herrlich.. Leticia wirkt überhaupt nicht touristisch, keiner spricht englisch, keine Speisekarten auf englisch und auch keine Touristen hier. Ich treffe auf 3 Schweden, die machen hier aber 3 Monate Volunteerarbeit, also auch keine möglichen Teilnehmer einer Tour.. Ich bekomme eine Karte und mir werden die Reiseagenturen eingezeichnet. Mal gucken was sonst noch so angeboten wird. Leticia ist eine wirklich kleine Stadt. Die Straßen sind unaphaltiert und voller Schlaglöcher, überall sausen Mopeds herum. Es ist staubig, heiß und die Luftfeuchtigkeit macht selbst den einfachsten Spaziergang zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Es sind 38Grad, aber es fühlt sich an wie im Dampfbad mit 50 Grad. Und dennoch finde ich den Flair der Stadt einmalig gut, es ist so als würde hier die Zeit stillstehen und die Uhren langsamer ticken. Leticia hat ihren ganz eigenen Charme, den man wohl nur aus der Beschreibung nicht nachvollziehen kann. Ich könnte hier durchaus länger bleiben und einfach nur in einer Hängematte liegen ;) Und obwohl es hier absolut untouristisch zugeht, fühle ich mich komplett sicher.

     

In der ersten Reiseagentur scheint keiner zu arbeiten, die zweite Agentur ist bereits zu, ist ja auch schon 16 Uhr  ;) Na gut, dass Leticia mit 20.000 Einwohnern deutlich kleiner ist als Manaus mit 1,8 Millionen Einwohnern und daher auch deutlich weniger touristisch ist, habe ich gewusst und auch so gewollt. Hier sollte die Tour ja auch bisschen individueller sein, aber allein will ich ja auch nicht in den Dschungel :)

In einem Cafe entdecke ich Matt und Clara. Der Preis für die Tour vom Hostel richtet sich nach Teilnehmerzahl. Da ich anscheinend auch die einzige Touristin bin, die die beiden auftreiben konnten, wollen sie mich überreden mit ihnen die 2-Tagestour zu machen. Die beiden sind super nett und ich entscheide mich mitzufahren. Dann gehts wohl morgen in den Dschungel :)

Ich informiere mich noch über die Möglichkeiten von  Leticia nach Manaus zu kommen, wie und wo ich die Ausreise Kolumbien und die Einreise Brasilien regel und wie ich dann wohl von Manaus nach Salvador komme. Stefan kommt am Sonntag, den 06.12 in Salvador an, daher werd ich wohl einen Teil fliegen müssen. Ich kann ja auch nicht kurzfristig planen, es ist mitten in der Trockenzeit und die Schiffe laufen regelmäßig auf Sandbänke auf. Statt 4 Tage kann so eine Schiffahrt auch mal schnell doppelt so lange dauern, daher gehe ich nicht davon aus, dass ich bis nach Belem mit dem Schiff komme in der kurzen Zeit. Das Internet ist so dermaßen langsam, dass Stefan zuhause für mich die Flüge auschecken muss. Flug für Sonntag von Manaus nach Salvador ist gebucht, komme nur 3 Stunden nach Stefan an. Ich bin froh, dass das erledigt ist, Salvador ist immerhin noch seeehhhhrrr weit weg. Bis Sonntag kann ich also in einer Hängematte schaukeln und den Dschungel genießen und muss nix mehr organisieren, perfekt!

Das Flugbuchen hat so lange gedauert, dass ich auf der Liege im Aufenthaltsraum mit Ipad auf dem Bauch eingeschlafen bin. Die Flüge und die Hitze hier haben mich ganz schön fertig gemacht. Es ist immer noch früh, gerade mal 21:30 Uhr. Ich gehe in meinen Schlafsaal und stelle erschrocken fest, dass alle andern schon schlafen. Die Schweden, die ich auf der Straße getroffen habe schlafen auch hier, Leticia ist ja wirklich nur ein Dorf und wahrscheinlich sind alle Backpacker hier untergekommen.. Ich bin wohl nicht die einzige, die müde ist und früh schlafen geht. Gibt ja auch sonst nichts zu tun hier.

 


26. November - Donnerstag

Ich bin schon gespannt, meine erste Amazonastour! Wir werden mit TukTuk zum Hafen gebracht. Hier ist es ziemlich dreckig und laut und überall sitzen Hafenarbeiter und trinken Bier, es ist gerade mal 8 Uhr morgens.. Das ist halt der Hafen, nicht grad der schönste Teil des Ortes. Unser Guide ist so, wie man sich so ein richtigen Fischer im Amazonas vorstellt. Er spricht nur spanisch und wenn er breit lächelt, sieht man, dass er nur noch wenig Zähne hat; und er lächelt eigentlich immer ;) Ich bekomme den Eindruck, dass das eine sehr coole Individualreise wird. Wir sitzen in einem kleinen Holzboot mit Motor und ein Glück mit einer Plane oben drüber, sodass uns nicht die ganze Zeit die Sonne auf den Kopf knallt. Wir müssen Rettungswesten tragen, da wir uns nun im Trés Fronteras befinden: im Boot zwischen drei Ländern. Unser Guide sagt, wenn uns jetzt was passiert, dann ist keiner zuständig, daher müssen wir vorsichtig auf peruanisches Gebiet kommen. Ich weiß nicht, ob das ernst gemeint war, aber es hat sich schon verrückt angefühlt im Boot zwischen drei Ländern zu sitzen. Und lustigerweise gehts ausgerechnet nach Peru, bekomme zwar keinen Stempel in den Pass, aber zumindest ein weiters Land besucht, wenn auch nur für 2 Tage :)

Wir genießen unsere erste Bootsfahrt sehr und sind besonders glücklich über die Tatsache, dass wir nur zu dritt in einem Fischerboot sitzen und nicht in einem komfortablen Touriboot mit einer großen Gruppe.

  
Bei einer Sandbank halten wir für den ersten Schwimmstop.

    

Zum Mittagessen halten wir bei einer kleinen Lodge. Wir warten in der Hängematte liegend aufs Essen und beobachten das niedliche "Haustier" im Garten :)

   
Am Nachmittag fahren wir mit dem Boot weiter und beobachten Vögel, Affen, Delfine und genießen die Natur. Allein das Gefühl soweit weg von großen Städten und der Zivilisation zu sein ist ein berauschendes Gefühl..

      

 

Nach dem Abendessen fahren wir mit diesem Kanu nochmal raus  :)

  
Wir müssen immer wieder Wasser rausschippen damit wir nicht sinken ;) Wir suchen nach Kaimanen, der hier lebenden Art "Krokodil" (angeblich aber nur ca 1,5 Meter groß und nicht aggressiv, daher wohl ungefährlich). Überall sieht man die orangefarbenen Augen am Flussufer aufleuchten. Unser Guide zeigt uns schließlich einen Kaimanen aus der Nähe und wir bekommen sogar die Babies zu Gesicht. Kamera hat aufgrund des fragwürdigen Zustandes unseres Kanus keiner mitgenommen ;)

Die Nacht verbringen wir in der Lodge, in der wir schon Mittags angehalten haben. Es gibt keinen Strom und daher auch keinen Ventilator oder Licht. Es wird auf einem Balken eine Kerze für uns aufgestellt. Ich finde das bei einem Haus, das zu 100% aus Holz besteht ja ein bisschen fragwürdig, .. Die Nacht ist ziemlich heiß und ich finde nur wenig Schlaf.

27. November - Freitag

Am Vormittag machen wir einen langen Regenwald-Spaziergang. Unser Guide erzählt uns einiges über Flora und Fauna und die Heilplanzen. Matt spricht am besten spanisch und übersetzt ein wenig, aber einiges kann ich mir auch schon aufgrund von Gestiken ausmalen. Wir haben Glück und sehen Affen und Taranteln. Der Spaziergang dauert den ganzen Vormittag und wir sind völlig im Eimer, als hätten wir einen Halbmarathon hinter uns. Zurück in der Lodge essen wir Mittag, danach halten wir alle eine Stunde Mittagsschlaf in der Hängematte :) Auf dem Weg zurück nach Leticia fahren wir noch zu ein paar Buchten um Delfine zu sehen. Da der Wasserstand aber leider so niedrig ist haben wir kein Glück.

     

  
Um 17:30 Uhr kommen wir wieder bei unserem Hostel an. Ich gehe zum großen Marktplatz bei der Kirche um mir die großen Vogelschwärme anzusehen. Gegen 17 bis 18 Uhr kommen die Vögel in großen Scharen zu den Bäumen um den Marktplatz, ein riesiges Spektakel und es wird irre laut von so viel Vogelgezwitscher!

Im Hostel angekommen ist die nette Frau an der Rezeption schon ganz aufgeregt und drückt mir ihren Motorradhelm in die Hand. Sie sagt immer wieder "passport" und zeigt auf die Uhr. Ich wollte zum Flughafen mir den Ausreisestempel für Kolumbien holen, hatte ja nicht geahnt (und auch nicht verstanden), dass die Behörden am Flughafen um 18 Uhr zumachen. Noch 10 Minuten, ich renne also schnell ins Zimmer um meinen Pass zu holen und springe hinten aufs Moped. Gerade noch rechtzeitig kommen wir an und ich bekomme meinen wichtigen Stempel. Als ich mich wieder aufs Moped schwinge passe ich nicht auf und verbrenne mich am Unterschenkel, sowas blödes und das tut echt fies doll weh :( Meine Fahrerin hat dann ein so schlechtes Gewissen, dass ich zumindest für die Fahr nix zahle.

Anscheinend ist in unserer Tour auch noch ein Abendessen inbegriffen. Wir werden gefragt ob wir eine Pizza mögen mit Teig aus Yucca. Das ist hier wohl ein sehr typisches Gericht. Wir bekommen ein tolles Abendessen und dazu gibt es auch noch einen Caipi :-)

Ich bin schon aufgeregt, dass es morgen aufs Schiff geht. Dafür muss ich heute Abend noch einkaufen. Bisher habe ich gehört, dass das Essen an Bord nicht gut sein soll und man das Wasser besser nicht trinken sollte, auch wenn es gefiltert ist (nicht genug gefiltert für sensible Europäer ;)  
Ich kaufe also Kekse, Nüsse, Saft und reichlich Obst. Wasservorrat für 4 Tage kann ich nicht auch noch tragen, das muss ich morgen am Hafen machen, genauso wie Ticket und Hängematte kaufen. Morgen früh ist dann nochmal Stress angesagt bevor ich mich dann an Bord erholen kan :)