27Dezember
2015

Sao Paulo - It's safe, but not too much!

Ein herzlichen Dank an Marita für den Gastbeitrag, sonst hätte ich meinen Blog wohl nicht mehr geschafft :-)

26. Dezember - Samstag

Heute früh müssen wir unser schönes Domizil 'Pousada dos Hisbiscos' leider verlassen. Nachdem Martina und ich gestern ohne die geringsten Portugiesisch Kenntnisse erfolgreich die Tickets für den Bus gekauft haben (wo waren denn die Jungs, ach ja, müde im Bettchen) starten wir mit der Fähre heute nach dem Frühstück zurück ans Festland und von dort zum Busbahnhof. Alles klappt ohne Probleme und äußerst komfortabel und klimatisiert fahren wir landeinwärts. Nach all den wunderschönen Tagen am Meer fällt es uns schwer sich von der Küste zu verabschieden. Je näher wir ins Inland kommen, desto dunkler wird der Himmel. Am Nachmittag kommen wir bei einer komisch schwülen Luft in Sao Paulo an und meistern uns den Weg vom riesigen Bus Terminal mit den öffentlichen Verkehrsmitteln direkt bis vor's Hostel. Inzwischen bin ich richtig stolz auf uns, wie wir das als Reiseteam immer alles so gut hinbekommen. Es ist immerhin noch niemand verloren gegangen. 

Schon aus dem Busfenster hat man die riesigen Ausmaße dieser Stadt erahnen können. Sao Paulo ist ein Moloch und vom Stadtgefühl ganz anders als Rio. Dort konnte man sich immer an Strand und Wasser, sowie an der über alles ragenden Christus Statue orientieren. Sao Paulo hat dafür ein deutlich ausgebauteres und zuverlässiges Metro System, welches uns von A nach B bringt. In diesem Fall vom Bus Terminal nach Ana Rosa, unserer Station für 2 Tage. Obwohl ich daheim Tage damit verbracht hatte ein Hostel in der perfekten Lage zu finden, waren alle Pläne umsonst, denn unser Hostel musste wegen eines Notfalls schließen und wir wurden in ein befreundetes Haus umgebucht. Immerhin hatte man uns am Vortag auf allen möglichen Kanälen versucht zu informieren (Email, Telefon, WhatsApp, facebook - Respekt!). Das neue Hostel sieht von außen zwar sehr ansprechend aus, hier in der kleinen ehemaligen Kirche sollen wir aber nicht schlafen, sondern im Hinterhaus. Einem Schuppen ähnlichem Bau, der auf der Rückseite mit dünner Wand an eine vierspurige Hauptsrasse anschloss. Schlafen wir auf dem Rollfeld eines Flughafens, so ungefähr war die Geräuschkulisse.

 
Bevor wir in die Stadt gehen, fragen wir die nette Lady an der Rezeption, ob es denn sicher sei hier heumzulaufen. "Yes, it's safe - but not too much"! Ein wunderbarer Spruch, der uns noch lange begleiten wird.
Mit der Metro machen wir uns auf in die Innenstadt, auf die Avenida Augusta (der Ku'damm von Sao Paulo - naja so ungefähr). Doch kaum ausgestiegen und 2 Meter gegangen bricht der Himmel und es regnet in Strömen. Ein tropischer Regen, der kein Erbarmen hat. Martina aber genießt den ersten Regen seit langem und muss sogar lange überlegen wann sie überhaupt das letzte mal Regen hatte. Bevor aber auch das letzte Höschen durchnässt ist, retten wir uns in eine Mall. Moritz wird gezwungen sich ein paar Havaianas zu kaufen. Schließlich haben wir alle schon welche und er muss nachziehen. Die brasilianischen berühmten Zehentreter sind wirklich überall verbreitet. Die Firma wurde 1962 gegründet und wegen der simplen Schuhe und des günstigen Preises insbesondere eine Marke der schlechtergestellteren sozialen Schichten. In den 1990 wurden die Flip Flops aber zum Trend Treter und werden heute in tausenden Variationen von jedermann getragen. Besonders berühmt ist aber die Sandale mit der kleinen Brasilien Flagge und für diese Variante entscheidet sich auch Moritz!
Als wir wieder aus der Mall kommen hört der Regen langsam auf. Wir müssen über riesige Pfützen springen um die Straße weiter herunter zu laufen. Wer hätte es gedacht, Sao Paulo ist ganz schön hügelig. Unser Ziel ist das Rodizio Steak Haus - das dann doch viel schicker ist als wir dachten. Vom Hunger getrieben haben wir uns gar nicht umgezogen, sondern sind immernoch in unseren Traveller Klamotten. Der zahlende Kunde wird dennoch herein gebeten und äußerst höflich umsorgt. Wir lernen, dass man eine Karte bekommt, die auf der einen Seite rot, auf der anderen grün ist. Das Prinzip Stop and Go, ganz einfach. Wer weiterhin Fleisch möchte legt auf grün, wer eine Pause braucht auf rot. Bevor der erste Spieß zu uns getragen wird bedienen wir uns aber erstmal am wahnsinnig tollen Beilagen Buffett - aber Vorsicht, nicht zu viel essen, das gute Fleisch kommt ja noch. Und so schlemmen wir uns durch alle möglichen Spieße und drehen die Karte schnell auf grün, wenn der Mann mit dem Filet Mignon Spieß aus der Küche kommt. Moritz und Stefan und ich sind im 7. Fleischhimmel und Martina versucht nicht so genau hinzusehen und begnügt sich mit dem wirklich auch sehr umfangreichen und einfallsreichen Salatbuffet. Irgendwann geben wir uns geschlagen, denn es geht einfach nichts mehr rein. Das war ein Schmaus!!
   

Der Regenschauer hat eine wunderbare Luft hinterlassen und wir beschließen die Avenida Paulista, die größere und etwa 3km lange Einkaufstrasse - Zentrum nicht nur der Wirtschaft, sondern auch von Unterhaltung und Kultur in Sao Paulo - zurück zu laufen. Es sind sehr viel Menschen auf der Strasse und daher ist uns gar nicht unbehaglich. Überall ist noch Weihnachtsdekoration, es gibt viele Strassenkünstler und Musik. Stefan ist sichtlich happy mit dem Großstadtflair und wir sehr versöhnt mit dem ersten Tag in Sao Paulo - bis wir wieder im Hostel sind und in der Nacht kein Auge zu tun... 

 




27. Dezember - Sonntag

Am nächsten Morgen sind wir etwas gerädert, starten aber dennoch freudig in den Tag. Ein großer Kaffee bei Starbucks hilft in jedem Fall dabei. Wir laufen die bekanntesten Straßen Sao Paulos ab, aber leider sind die meisten Geschäfte doch tatsächlich am Sonntag geschlossen. Dies lässt natürlich das Flair etwas verschwinden. Vor den Wohnhäusern sind Gitterstäbe und teilweise doppelt gesicherte Schleusen am Eingang. Wir sehen nur wenige Leute, die Ihren Hund ausführen, ansonsten sind die Straßen leer. Einzig die Paulista ist voll von Menschen. Sie ist heute für den motorisierten Verkehr gesperrt. Wir gehen zusammen mit Fahrradfahrern und Inlineskatern mitten auf der mehrspurigen Straße entlang und genießen das bunte Treiben. Schon bald aber fragt sich was man denn hier am Sonntag eigentlich machen kann. Von einer Freundin hatte ich gehört, dass es ein cooles Viertel mit Graffiti Kunst gibt. Schnell haben wir die gleichnamige Metro Station Vila Madalena ausgemacht und fahren gen Norden. Aber als uns der Weg von der Metro weg durch ein menschenverlassenes Gebiet führt, sind wir verunsichert und drehen lieber um. It‘s safe – but not too much!

     

Irgendwie wissen wir nicht so recht, was man hier anfangen kann, wo man laufen kann und wo die Hot Spots sind. Verwirrt laufen wir in eine Touristeninformation und holen uns die besten Tipps. Sao Paulo ist eine Stadt für Menschen, die länger hier bleiben, gar hier leben. Der Charme springt einen nicht so an, wie in Rio, wo man nicht weiß was von den zahlreichen Highlights man zuerst machen soll. Dennoch bereuen wir den Besuch ganz und gar nicht. Ein Tag wie heute gehört auch dazu. In der Touristeninformation sehen wir, wie weit man hätte laufen müssen, um das coole Stadtgebiet in Vila Madalena zu erreichen. Da Marita sich nicht davon abbringen lassen will das „Geschmiere“ zu sehen, lassen wir uns kurzerhand von einem Taxi in das Viertel fahren und bestaunen nach kurzem Spaziergang ein ganzes Labyrinth an Street Art und Graffiti. Hier bieten sich tolle Fotomotive und auch ein paar sehr nette Bars laden zum Verweilen ein.

         

Die beste Bar haben wir uns aber für den Abend aufgehoben. Da soll es nämlich in die Sky Bar des Unique Hotels gehen. Kurz im Hostel aufgehübscht springen wir ins Taxi und steigen vor dem imposanten Gebäude aus. Stilecht für gute Bars müssen wir erst mal warten, bevor es mit dem Aufzug hoch zur Dachterrasse geht. Dort erwartet uns dafür ein atemberaubender Rundumblick auf die ganze Stadt. Überall leuchten die Lichter von Hochhäusern und wir erahnen wie groß diese Stadt doch ist. Der Blick lässt sich natürlich noch besser genießen, bei guter Lounge Musik, extravagentem Sushi und exotischen Cocktails, wie dem scharfen Wasabi-Caipirinha. Wir verbringen einen ganz tollen, sehr schicken Abend und vergessen fast, dass wir ja wieder in den Schuppen zurück müssen, um noch eine Nacht mit donnerndem Lärm von der Straße zu schlafen (oder eben nicht).

 

Gerne hätten wir noch einen Werktag in Sao Paulo verbracht, aber morgen geht es schon wieder zum Flughafen. Der kleine Einblick, den wir aber dennoch hatten, von der großen Stadt, wird uns erst richtig bewusst werden, wenn wir im menschenleeren Dschungel sitzen. Auf ins Pantanal!